Heilendes Theater

Shownotes

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Mehr über Trau´ma uns: https://www.traumauns.at

Der Workshop Trau´ma uns läuft unter anderem vom 5.-7. September in der GEA Akademie in Schrems / Waldviertel, Österreich Anmeldung: akademie@gea.at

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00:01:08: Erst einmal danke, dass du dich für die Arbeit interessierst. Und ja, die Frage ist, worum geht's denn da in dem Trau´ma uns? Ich bin so erst einmal voll dankbar, dass ich überhaupt in der österreichischen Sprache, dass das überhaupt möglich ist, dieses Wortspiel zu machen. Wir waren schon irgendwie auf der Suche nach einem Titel, es hieß dann am Anfang auch heilsames Theater, das habe ich dann rausgenommen, das Wort Heilung, ist schon irgendwie ganz schön groß und gleichzeitig: Worum geht es denn? Es geht ja um Heil, heilig, und dann hat schon heil hat schon im Deutschen eine Geschichte durch den Zweiten Weltkrieg dass kaum jemand sich noch traut, das Wort Heil auszusprechen in den letzten Jahren habe ich mich durch meine eigene persönliche Geschichte und meinen, meinen Weg als Schauspielerin, die einfach diese diese Theatermittel zur Verfügung hat, wusste ich, dass ich diese Geschichte von meinem Großvater zu erzählen habe.

00:02:30: Vielleicht erstmal die Information: dein Großvater, ich habe es ja auch gehört, hat viel Geld verdient durch Handgranaten.

00:02:41: Genau. Also mein Großvater hat während des Zweiten Weltkrieges von 1939 bis 45 in Berlin gelebt, ist auch Österreicher, also in Wien geboren der Papa von meiner Mama und den habe ich aber nie kennengelernt, also der ist vor meiner Geburt gestorben, ein Jahr vor meiner Geburt. Und darüber wurde nie gesprochen, was der gemacht hat, nur immer so bissl, ich habe mich dann irgendwann einmal auf einer Russlandreise, meine Mutter wollte immer nach Russland und hat mich dann gefragt, ob ich sie begleite auf der Wolga 10 Tage von Moskau nach St. Petersburg und das habe ich dann gemacht. Und auf diesem Boot gab's Internet. Und irgendwie habe ich dann angefangen, über meinen Großvater zu recherchieren und hab dann wirklich wenig geschlafen in meiner Kajüte. Somit konnte ich, ohne dass meine Mutter das mitkriegt, die Nacht über recherchieren und recherchieren und bin dann auf einen Spiegelartikel gestoßen und eben hab dann nicht verstanden, warum wird denn mein Großvater in diesem Spiegelartikel erwähnt und was ist denn hier los überhaupt und worüber reden die oder worüber reden die nicht und und dieses Schweigen und die Generation meiner Eltern werden ja auch wirklich die Generation des Schweigens genannt, also alle, die so ab 38 geboren wurden, haben diesen also 38 und 55 haben diese diese Bezeichnung bekommen, diese Generation, weil sie einfach nicht gesprochen haben, und meine Mutter hat eben auch nicht darüber gesprochen.

00:04:53: Das waren sozusagen die Kriegskinder.

00:04:56: Genau, genau die im Krieg geborenen. Das war aber damals auch der Zeitgeist, dass man einfach nach vorne schaut und es war wirklich auch in der Psychologie der Glaube, dass, wenn ich darüber rede, ich es hervorholend wieder schlimmer wird. Meine Mutter war in der Psychiatrie, meine Mutter hat einfach eine eine schwere Geschichte, und ich habe dann mich immer gefragt. Wie hängt denn das zusammen, wie es mir heute geht? Spielt das, was mein Großvater im Krieg gemacht hat, eine Rolle in meinem Leben, das war meine Kernfrage, und das kann ich ganz klar mit einem Ja beantworten, ja.

00:05:51: Worum ging es nochmal? Was hat er gemacht? Mein Großvater hat mir, erzähle ich das. Sagen wir mal, wie hab ich es bemerkt? wie manifestiert sich das dann im jetzt ja, zum Beispiel meine Mutter, wenn sie mal eine Bank betritt, ja hat die Schwindelalfälle bekommen, ich musste dann immer schnell einen Stuhl finden was Sie sich setzen kann, dann hab ich alles mit dem Geld gemacht also abgehoben Überweisungen. Und ich habe mich immer schuldig gefühlt, wenn ich Geld ausgegeben habe oder mein Geld ist überhaupt so ein Riesenthema, und das war dann auch so eine Frage, was ist denn hier in meiner Familie, meinem Familiensystem um das Geld herum und um Geld verdienen und um Geld haben, ja, und dann merke ich jetzt, wo ich mich so viel damit beschäftigt habe, dass da ganz viel gebundene Energie ist, einfach in unserem System was schlechtes Gewissen angeht, Schuld. Weil eben durch die Erfindung meines Großvaters viele Menschen ums Leben gekommen sind.

00:07:23: Hat dein Großvater Handgranaten erfunden?

00:07:26: Genau, mein Großvater hat die erste Kunststoffhandgranate erfunden, also da war ein Teil daraus aus Kunststoff, das heißt, es war eine psychologische Waffe, die hatte jetzt nicht so eine starke Sprengkraft, sondern hat einen riesen Krach gemacht, einen Mordskrawall. also das war eine psychologische Waffe, aber natürlich für die Soldaten viel leichter zu tragen, weil es weniger schwer war. Ja, deswegen konnte man mehr Munition mitnehmen. Ich habe ja früher mich überhaupt nicht damit beschäftigt, mit all diesen Waffenthemen und dann bin ich da auf der Wolga, auf dem Schiff da eingetaucht und ich weiß noch, die Nächte mir war schlecht, ich glaube nicht nur vom Boot, ja von dem Wellengang, sondern wirklich von dem, womit ich angefangen habe, meine Nase da reinzustecken und nicht nur meine Nase, sondern einfach, und es war wie ein Sog, Ich musste da mehr erfahren, dann muss man österreichische Geschichte insofern kennen. Dass ja Österreich durch das Neutralitätsgesetz 1955 den den den österreichischen Staatsvertrag einfach unterschrieben hat und sich dazu verpflichtet hat, dafür zu sorgen, dass Deutschland nie wieder eine Rüstungsmacht werden werden kann. Ja, und mein Großvater hat aber seine Erfindung mit seinem Geschäftsmann zusammen nach Deutschland verkauft, an das Bundesheer, an das neue Deutsche Bundesheer, und deswegen kam dieser Spiegeljournalist und hat gesagt, Moment, Moment, das ist Vertragsbruch Paragraph 512 Absatz 5 von Paragraph 4, das sogenannte Anschlussverbot, werden hier verletzt und ist ins Ministerium und wurde dann eben vom damaligen Kriegsminister, so hießen die damals, runtergemacht. Mit schlagobers Granaten, ja, weil sie eben eher psychologische Waffen waren. Ja und überhaupt dieses ganze Waffengeschäft meine Großmutter hat ganz viele Ländereien und mein Urgroßvater hat durch Kartenspielen ganz viel Land gewonnen, also ist Großgrundbesitzer geworden, das hat er alles beim Kartenspielen gewonnen und das liegt auch in unserer Familie. Und wenn ich ich sage, was ist meine Verantwortung hier in unserem heutigen Wandlungsprozess, auch ich trage diese Information in meinen Zellen. Ja, wo ist meine Verantwortung für für das Geld, das ich habe und den Besitz, den ich anhäufe?

00:10:34: Ist eure Familie reich geworden durch durch die Schlagobers Handgranaten?

00:10:40: Ich denke schon, ja. Also natürlich gab es die Seite von meiner Großmutter auch, eben die Ländereien, aber dieses Patent läuft ja nach 25 Jahren aus und dass sie dann angeblich gesagt hat, er ist dann davor gestorben, bevor das Patent ausläuft, aber dass er dann kein Geld mehr einbringt, wenn wenn dieses Patent dann ausläuft, wovon sollen sie denn dann leben? Und es ist ja so verstrickt alles, bis 1985 hat die Familienkassa geklingelt, sozusagen jedes Mal, wenn eine der Waffen irgendwo in die Luft ging. Mein Großvater ist damals sehr viel nach Schweden gefahren, da gibt es eine Firma Bofrost, die gibt es heute noch nicht zu wechseln, bofrost, die ist in Schweden. Und ich habe Postkarten von dieser Firma gefunden, die man halt da kaufen konnte, damals ist mein Großvater mit geflogen, also in den 50er Jahren, das war schon was Besonderes, das war nicht so Ryanair mäßig, sondern das war wirklich was Besonderes, dass man nach Schweden fliegt mit seinem Geschäftspartner, um eben Verträge zu unterzeichnen und. Und die Firma kann man sich vorstellen, schaut aus von außen aus, wie das Hotel Imperial mit Säulen drinnen Marmor, Springbrunnen, also die Rezeption ist wirklich du glaubst du bist in einem 5 Sterne Hotel und dahinter ist diese Firma mit ganz vielen Rauchfängen die unterschiedlichste Waffen produzieren, und die Leute aus aller Welt sind eben dahin gekommen um unter Verträge zu unterzeichnen, deswegen gab es da dann diesen Luxus auch. Ich habe dann weiter geforscht. Ich habe mich ja viel mit dem Thema beschäftigt, um das Stück auch zu schreiben, in der in der in der Anfangszeit in der Recherchezeit monatelang nur recherchiert, um zu mehr zu erfahren, was was war, das für eine Zeit, um zu verstehen und zu begreifen, was ist da abgegangen. Und dann habe ich, und das ist überhaupt nicht schwer zu finden, auf Wikipedia gelesen, wer bis zu seinem Tod diese Firma geleitet hat, und das war der Herr Nobel. Das heißt, der Friedensnobelpreis wird finanziert mit Waffen, und da war es dann aus. Da habe ich gesagt, jetzt will ich nicht mehr jetzt in den Nut Shell sozusagen. Jetzt habe ich es verstanden, wie es wie es funktioniert, diese ganze Beschäftigung mit dem Thema, das war für mich so eine Reise nach in Untiefen, und ich habe so oft, ja sehr einfach nicht verstanden, wie das gehen kann. Ich habe nicht verstanden diese Unmoral. Ich kann nicht auf meinen Großvater schauen und sagen, wie konntest du, das habe ich früher gemacht, als ich mich nicht damit beschäftigt habe, weil heute, du kannst die Geschichte nicht aus dem aus dem Kontext nehmen, du musst Geschichte immer innerhalb des Kontexts verstehen und und das war einfach damals, diese Zeit, wo ganz andere Gedanken waren, oder wie soll ich sagen, hieß dann immer so naja wenn es mein Opa nicht erfunden hätte, dann hätte es 2 andere erfunden, wäre dir das lieber gewesen, ich glaube Mein Opa war ein ganz ein lieber Mensch, also ganz ein ruhiger, besonnener Mann. ich sehe als Bilder oder er hat viel gefilmt. Ich sehe auch die Filme, und er war Forscher, und Forscher haben in der Zeit von 39 bis 45 mussten dem dienen, aber er war auch beim Militär, also er war schon, bevor er sozusagen nach Berlin abkommandiert wurde. Als Diplomingenieur war er beim Militär, weil damals, und dann hieß es ja so ein gescheiter intelligenter Mann wie mein Opa. Da gab es keine Jobs, also ist er zum Militär gegangen, weil da gab es halt immer Arbeit, das ist dann immer diese Frage nach Ethik, nach Integrität, er kommt aus einer Bäckerfamilie, ja, aber du warst damals wer, es war auch Österreich K und K. Ich kann ihn nicht mehr verurteilen, auf alle Fälle.

00:15:24: Ja, es geht glaube ich auch nicht um Verurteilung. Es geht ja erstmal auch um Bewusstwerdung und das hört sich jetzt so an, wie es, wie ich es selbst erlebt habe oder wie das oft gesagt wird, die Kriegskinder sind am Schweigen unterdrücken vieles und bei den Kriegsenkeln kommt erst das Bewusstsein, die Sprache und so bist du wahrscheinlich in eurer Familie, der. Impuls gewesen. Hast du deine Familie konfrontiert? Damit hast du mit deiner Mutter darüber gesprochen, wie war das?

00:15:56: Ja, dazu muss man sagen, das Stück ist 1800 Kilometer von Wien entfernt entstanden westlich in der Bretagne, in Frankreich auf Französisch also, und ich habe in Frankreich gelebt, 10 Jahre lang. Ich hatte nie in meinem Leben vor, dass das irgendwie jemals in Österreich, ich hatte auch gar nicht vor, dass das jetzt groß ein Theaterstück wird, ja, ich wusste nur einfach, ich möchte diese Geschichte erzählen, und weil ich Schauspielerin bin, habe ich nämlich die Mittel, die die mir zur Verfügung stehen, das heißt, ich singe, ich spiele mit dem ganzen Körper, ich habe viel getanzt. Auch ohne Sprache gibt es Momente und es ist einfach auch bildhaft. Ich arbeite auch viel mit Bildern, mit einer Wolle, mit einem roten Faden, ich verwebe es mit einem Märchen, das Märchen ohne Hände vom Mädchen ohne Hände, wenn du das kennst von den Grimmbrüdern, so mein mein, mein Liebling, mein Initiationsmärchen, mein lieblingsmärchen zuerst dachte ich, ich muss jetzt ein russisches Märchen nehmen, wollte ich vasilisa Wassilisa nehmen, aber es war dann das Mädchen ohne Hände und da geht es um Schweigen und handlungsunfähig zu sein, und da kommt der Satz vor, hier kann ich nicht bleiben. nachdem der Vater dem Mädchen die Hände abhackt, sagt der Vater, Na jetzt, jetzt möchte ich auf ewig dich lieben und mich um dich sorgen, und dann sagt sie Nein, Vater, hier kann ich nicht bleiben, ich gehe in die weite Welt hinaus, wo barmherzige Menschen mir geben werden, was ich brauche. Und das war mein Leben, ich bin mit 16 ausgezogen und habe habe in den letzten 35 Jahren nirgendwo länger als 2 Jahre gelebt, mit einer einzigen Ausnahme einmal 5 Jahre, womit meinem damaligen Partner, und das ist 3 Jahre therapiebegleitung, aber ich habe da einfach nirgendswo Fuß fassen können, das ist auch so ein Lebensthema, wo ich dann merkte, wo ist meine Heimat.

00:18:01: Anscheinend bist du in der Welt daheim. Also für mich ist das schon eine Heilungsbotschaft oder ich sag mal ein Stück bewusstseinslicht darüber, was aufzudecken in Liebe und Was erwartet uns, wenn wir in dieses Theaterstück gehen. Ich selber lache ja gern, also es gibt auch immer wieder stellen, wo die Leute lachen und da bin ich immer sehr dankbar, Es gibt Menschen, die das wirklich können, die mich so zum Lachen und dann merke, ich bleibt so im Hals stecken, Oh Gott, voll laut Frau, das ist ja furchtbar, und da gibt es einige Momente, und da bin ich sehr viel dankbar, dass das gelungen ist, weil das, ich kann ja auch die Geschichte nur erzählen, weil ich den Abstand habe, und ich bin dann auch während dem Spielen wirklich noch einen einen weg gegangen mit meiner Therapeutin, weil Dinge hochgekommen sind, vor allem, als dann das Stück nach Österreich wollte, also es wurde ja in Frankreich verlegt, also es kam ein Verleger auf mich zu, und er würde es gern verlegen, aber auch auf Deutsch. Also zuerst hieß es nur Französisch, dann war ich entspannt und dann plötzlich sagte er, Na, wir haben es mit einem Schweizer Autoren auch so, das muss zweisprachig weil, und das ist doch toll und könntest du dir vorstellen, dass du es übersetzt und dann war das echt noch mal ein Prozess das ins Deutsche, weil das ja dann die Originalsprache ist, wo es stattgefunden hat und das war wirklich noch mal ein Weg und da bin ich wirklich mit meiner Therapeutin dann, weil wir haben dann immer die ich habe am Anfang um mein Leben gespielt. Also ich weiß noch die ersten Vorstellungen, vor allem auf Deutsch, aber auch auf Französisch. Das Publikum war nachher nur fertig, also die sind wirklich raus, um Gottes Willen, bitte kommt es trotzdem, es hat sich sehr gewandelt ja, also die Leute sind teilweise raus und gerade halt die die mich kennen- und dann kamen seitenweise E Mails, lange Telefonate. Viele persönliche also, was ist was dich was, was definitiv passiert dadurch, dass ich so persönlich von mir erzähle, rührt es persönliches Material im Zuschauer an, also das kann ich jetzt schon mal sagen, dass das anscheinend wirklich funktioniert, das wusste ich ja auch nicht ich will Zeugnis ablegen, eine über 80 Jährige saß mal im Publikum weil ich nachher immer Publikumsgespräche anbiete und sagte das lädt ein die Leichen im eigenen Keller anzuschauen und das Glaube ich tut es und und es macht Mut. Ich glaube es macht Mut, also das ist auch etwas, was ich immer wieder gehört habe und die hat dann gesagt, dass ich verstehe das nicht, Julia, dir geht es sehr gut, ich verstehe das nicht, wie kann es dir gut gehen mit dem was du erlebt hast? Ja, also wo auch immer wieder Leute sagen, das kriegt man nicht zusammen, dass man sich diese Geschichte anschaut einmal hat meine Schwester ganz am Anfang gesagt, ich glaube du musst 1, 2 Geschichten rausnehmen, es ist zu arg, es ist zu viel und dann aber mein Regisseur der mich begleitet hat oder der Mann der wunderbar mein Mentor Armel Mandar Merci Boku armel hat gesagt. Na na, das geht schon. ich habe eben ganz am Anfang sehr schnell gespielt und es ging wirklich um mein Leben und dann haben wir therapeutisch einfach gearbeitet, dass ich die Kleine rausgenommen habe, die da um ihr Leben gespielt habe, und die habe ich spielen geschickt oder den Zuschauerraum mit einer großen Freundin und so, ja und? Und wenn dann die Erwachsene spielt, dann kommt viel mehr Luft und da bin ich jetzt und das war mein persönlicher Heilungsweg des Spielens auch. Also heute genieße ich es und ich freue mich darauf, meine Mutter zu spielen und ich freue mich darauf, mich als wie ich ein kleines Kind war und da im Garten von meiner Oma und die Hunde und also ich freue mich darauf, das zu spielen als Schauspielerin, die ein Stück spielt, das Stück ist jetzt wirklich noch mal gewandelt und zumindest spiele ich es jetzt auch als Schauspielerin und nebenbei bin ich aber die Person, die diese Geschichte erlebt hat und das berührt, glaube ich, dann so im Publikum, weil man mich halt sieht und sagt, ja, aber es geht dir doch gut, oder? Und wie geht denn das, dass du das alles erlebt hast? Und dann geht es dir gut? deswegen habe ich dann dieses Workshop Format erfunden weil immer wieder Leute, nachdem ich gespielt habe, nicht zu mir, sondern im Publikum vor anderen, also im Dialograum danach Dinge erzählt haben, wo sie dann gesagt haben, das erzähle ich jetzt zum ersten Mal, weil ich eben von der sogenannten Täterseite komme, trauen sich dann die Enkelkinder der vermeintlichen Nazis, wo sie dann eben auf dem Dachboden die Fahnen und die ganzen Reliquien, die ganzen Hitler Bilder finden und Tagebücher, und dann sich so schämen, dass sie es nie erzählen. Und das freut mich aber dass ich dass dass dass durch dieses Stück da ein Raum aufgemacht wird, wo diese Stimmen gehört werden können, weil es ist überhaupt nicht gesagt, dass die Täter oder die Kinder Kindeskinder der vermeintlichen Täter ja nicht leiden, wir hängen da zusammen drinnen. Täter, Opfer, deutsche Bevölkerung oder österreichische Bevölkerung, die die halt einfach mitgezogen wurden, um zu glauben, dass wir da immer, ja, dass es da nur eine Seite gibt, die leidet, das ist einfach, stimmt nicht.

00:25:31: Ja, auf die Idee wäre ich jetzt auch gar nicht gekommen, weil ich meine, wir kriegsenkel bin ich ja auch. Wir haben ja den Krieg auch nicht gemacht. Und trotzdem sind wir noch in einem bestimmten System drin. Sind da noch Teil davon und zumindest in Deutschland ist es jetzt so, dass man wieder sich auf den nächsten Weltkrieg vorbereitet. Also man versucht da die europäisch größte Rüstungsmacht zu werden und irgendwie noch die Wirtschaft zu retten, indem man in Rüstungsstaatsanleihen und voll die Rüstung aufbaut und dann produzieren ja wir wieder irgendwann kriegskinder und Kriegsenkel die. Die genau das aufarbeiten müssen. Also ich glaube, wir müssen irgendwo einen Ausgang aus diesem Kreislauf finden, obwohl die ganze Gesellschaft gerade so das festzuhalten scheint, aber wir müssen da irgendwie rauskommen und was hilft dabei, ist mal eine Frage an dich.

00:26:31: Was hilft dabei? Liebevoll hinschauen, gehalten, liebevoll hinschauen, nicht alleine, zusammen. Hinschauen und eben nicht wegschauen, hinschauen und dieses Schauen Verständnis dafür zu haben, selbst für die Rüstung, weil dahinter ist Angst und auch zu merken, wo werde ich denn manipuliert, also manipuliert in dem Sinne, wo wird sich denn meiner Angst bedient, so dass ich glauben könnte, Waffen könnten einen Krieg beenden und. Wie kann ich denn das glauben, falls ich das glaube? und nicht zu verurteilen und zu sagen, bist du deppert, wieso glaubst du so ein Blödsinn, sondern ah Moment, da muss irgendwas dahinter sein, Angst irgendwo im System. Ja, die Angst vor der eigenen Auslöschung teilweise auch junge Leute, die unter 30 sagen, Sie träumen vom Krieg, Sie spüren die Waffe in der Hand und sie verstehen es nicht, ja, also es ist, als ob es in unseren Körpern gespeichert ist, und da ist der Körper der Schlüssel, unsere Körperzellen tragen die Information und über den Körper gibt es die Erlösung. Erlösung jetzt nicht endlich vorbei, endlich weg, sondern wirklich das übers Fühlen, wir brauchen mehr Räume, wo wir fühlen, wo wir wir fühlende Wesen sind und ganz sein dürfen. Klingt so, als ob wir eine Erlaubnis bräuchten, aber wo wo dieses fühlen mal so richtig einen Raum kriegt, was auch immer hochkommt. Und Theater ist dafür sehr geeignet. ich durfte ja viel spielen und dann auf der Bühne wütend sein zu dürfen oder jemanden umzubringen oder jemand den Tod zu wünschen oder solche Sachen, privat habe ich es nicht hinbekommen, aber auf der Bühne, jeder hat es mir geglaubt oder behaupte ich jetzt einmal, ja, ich habe es zumindest geglaubt, mit der Wut komme ich jetzt gerade mal so die letzten Jahre ganz bisschen in Kontakt und freue mich immer riesig, wenn ich merke, boah, ich glaube, ich bin gerade wütend. aber das Theater hat mir geholfen, da zu überleben, weil es ein Ventil gab, wo ich das Mal spielen und mal fühlen durfte, auf einem sicheren Boden, nämlich der Bühne. Für mich war die Bühne ein ein sicherer Ort, der war sicherer als die sogenannte echte Welt, ja. Und deswegen, glaube ich, habe ich es überlebt. Klingt sehr dramatisch, aber das hat mir so geholfen, mit all den Emotionen und Gefühlen, die da in mir so unverdaut und angestaut und waren und ich war so viel verloren und ich glaube, und ich glaube, wir sind oft sehr verloren und kriegen es gar nicht mit, wie verloren wir sind und orientierungslos. Ja, und das will ich mit diesem Workshop auch anbieten: Fühlräume, man schaut sich das Stück an und welche Stelle welche hat dich berührt, sind ganz unterschiedliche auch es gibt auch eine eine eine Stelle, in der Nachkriegszeit, man muss man sich mal vorstellen, 10 Jahre von 45 bis 55 war Österreich in 4 Zonen geteilt und da ist meine Mutter aufgewachsen, das ist meine Mutter von 5 bis 15 das ist eine sehr prägend als Frau, als Mädchen. Ja, was heißt denn das? wir wissen ja, was alles da passiert ist in dieser Nachkriegszeit also. Und und wie Frauen instrumentalisiert wurden, die Stelle mit dem mit dem Mädchen, wo die Hände abgehackt wurden, das habe ich auch oft, das war die furchtbarste stelle, ja, und das ist der Eingang in Deine Welt, in deine Geschichte und das ist dann die Einladung am Wochenende, sich mit dieser diesem Faden zu folgen sozusagen und da zu schauen und das zu erforschen, über Gedichte also, die du selber schreibst, über Texte, über über Körper, Körper, Körper, Körper, Körper, es geht wirklich über den Körper, das ist mir so, dass mir das tanzen sehr geholfen. Ich bin runter von der Bühne, vom Theater 2007 und habe dann 2008 bis 2004, also sehr viel getanzt und auch in einer Kompanie in Frankreich und bin dann auch in Frankreich deswegen geblieben. Einfach der Körper ist, es ist der Schlüssel. Was sagst du denn als Körpertherapeutin, wie hilft uns der Körper dabei, ein Trauma zu überwinden? Peter Levine hat ja eben durch die Beobachtung der Tiere einfach erkannt, dass was macht denn zum Beispiel eine Gazelle, wenn sie jetzt glaubt oder geglaubt hat, sie wird jetzt gefressen, zuerst mal stellt sie sich tot, wenn sie merkt, sie kann nicht mehr Flucht, dann merkt sie, Oh, der Gepard ist einfach schneller, dann tot stellen und dann glaubt sie wirklich, dass jetzt ist es soweit over. Dann wird der Gepard abgelenkt von irgendeiner Hyäne, sie entkommt. Und was macht sie? Sie schüttelt sich, und das machen wir Menschen nicht, uns steckt der Schrecken in den in den Knochen, jetzt sagt man ja, mir steckt der Schrecken in den Knochen und im Körper und in den Zellen, und wir schütteln uns nicht, wir schütteln es nicht ab und damit haben wir zu tun, eben in unseren Körpern, dass wir festgefrorene Materie. Schütteln kommt immer im Workshop ganz wichtig. Ja, weil das, das kann ich immer machen.

00:31:57: Ja danke dir irgendwie ein Aspekt der Friedensarbeit, ich hoffe, dass wir das noch Durchkriegen in unserer Generation, dass wir an die nächsten einfach keine weitere Belastung weitergeben müssen. Ja, ja, auch in Form von Angst. Also meine Mutter zum Beispiel hatte tierische Angst, ihr Leben lang, aber im Krieg ist sie durch Bomben gelaufen, hatte keine Angst. Das kam dann alles, das hat sie uns allen eingeflößt.

00:32:34: Wo ist deine Mutter aufgewachsen?

00:32:37: In Siegen, das ist eine kleine Stadt in Nordrhein Westfalen, die dann auch zerbombt wurde. Und ja, da hat sie ja meinen Vater kennengelernt,

00:32:52: Da ist sie durch Bomben gelaufen, also die verliebt Hand in Hand durch Bomben gelaufen ja, und , die Geschichte, die sie uns erzählt haben und. Waren furchtlos, die anderen haben sich versteckt und sie hatten das Gefühl, ihnen passiert nichts.

00:33:06: Wow.

00:33:06: Ja, und also man hört ihre Geschichten von den eigenen Eltern, die man gar nicht sich vorstellen kann, weil sie doch immer so ängstlich waren und so konventionell und so was sollen die Nachbarn bloß sagen? Benimm dich und hast du dir auch die Strümpfe hochgezogen? mein Vater ist durch Leichen gegangen, er ist Soldat. das war einfach ein Bruch in einer Generation,

00:33:40: Ich denke, gerade dann muss dein Vater in den 20er Jahren geboren sein, oder? Genau wow. Ja, und dann bist du ja eine, die schon das Schweigen bricht. Also du bist ja da wirklich in diesem Zwischenglied, wo du eben nicht mitmachst mit dem Schweigen oder sozusagen.

00:33:57: Ich hoffe es.

00:34:21: Ich glaube, das ist gerade das wichtigste Thema, was wir haben,ich war immer in der Friedensbewegung und ich hätte nie gedacht, dass wir jetzt ja 40 Jahre später wieder eine Welt haben, wo gnadenlos aufgerüstet wird.

00:34:35: das ist dieses nicht aufgearbeitete Trauma und kriegstrauma, dass sozusagen alles, wo ich nicht hinschaue, das heißt ja dann deswegen nicht, dass es nicht da ist. Es ist ja trotzdem da, und das bestimmt dann mein Handeln und. Und solange ich nicht hinschaue, wird es mein Handeln bestimmen und ich glaube und ich bin davon überzeugt, durch dieses gemeinsame Hinschauen und durch Räume, die wir da ja hier auch schaffen, wo wo wir merken, ich bin damit nicht alleine, ich werde dafür nicht beschämt und es ändert sich irgendwie dadurch etwas, wenn ich hinschaue, also es wird bisschen leichter und ich kriege mehr Raum in mir. Es geht um diesen inneren Raum, Trauma macht, dass ich aus meinem Körper rausgehe, weil es so unerträglich ist. Und deswegen sage ich, Körper, Körper, Körper, also ich kann jetzt auch nicht vom Kopf bestimmen und sagen, so, ich gehe jetzt wieder in meinen Körper, ich weiß noch, wie ich in in Kalifornien war, ich habe ich eine Ausbildung gemacht, eben zur Tanztherapeutin auch, und wie ich da irgendwie die immer gesagt haben, ja, tanz, deine Gefühle. Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen, aber ich bewege jetzt mich einmal ein bisschen, wo ich wirklich gemerkt habe, ich habe keine Ahnung, was ich fühle, ich weiß es nicht und wie ich gemerkt habe, wie ich keinen Zugang habe zu meinen Gefühlen. Dass das eine Reise ist, in den Körper zu kommen, weil das nicht fühlen auch ein Gefühl ist, also dass das eigentlich ins Gefühlsrepertoire reingehört, nämlich dieses taub zu sein. Weil oft was ganz schnell entsteht, ist, wenn ich nicht fühle, dass ich mich dafür verurteile. Und dann kriege ich ja Wut darüber, dass ich nichts fühle. Die Wut kann ich aber dann nicht fühlen und also es ist ja, dass wir sozusagen diese Tauben stellen mit Hineinnehmen in unsere Gefühlsrepertoiren merken, ah, ah, da bin ich jetzt taub, das, das kann ich nicht fühlen und deswegen es aber nicht wegmachen, nicht sagen, ich sollte aber was fühlen, Nein, das kann ich gerade nicht fühlen, da bin ich, da komme ich auf eine Stelle, da bin ich. Und da brauche ich dann dich und deswegen geht es nur zusammen, weil da ist dann manchmal der andere, dem fällt es leichter, das zu fühlen. Also wie oft erlebe ich das, dass ich, dass jemand mir etwas erzählt, und ich werde ganz traurig und der andere erzählt das einfach so, ich sage, boah, ich glaube ich, das fällt gerade bei mir auf einen Boden und dann können wir das gemeinsam vielleicht ein bisschen besser fühlen.

00:38:01: Danke.

00:38:02: Ich danke dir, Christa.

00:38:04: Danke für deine Lebendigkeit und für deine Arbeit. Und ja, für deinen Funken, den du in die Welt bringst ja danke.

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