Die Einsamkeit des Schriftstellers
Shownotes
Vom Autor soeben erschienen:«Orwells Einsamkeit - sein Leben, ‚1984‘ und mein Weg zu einem persönlichen Denken», lindtbooks 380 Seiten, broschiert. Erhältlich im Buchhandel - zum Beispiel bei Ex Libris oder Orell Füssli
Alle weiteren Informationen: www.nicolaslindt.ch
Nicolas Lindt (*1954) war Musikjournalist, Tagesschau-Reporter und Gerichtskolumnist, bevor er in seinen Büchern wahre Geschichten zu erzählen begann. In seinem zweiten Beruf gestaltet er freie Trauungen, Taufen und Abdankungen. Der Autor lebt mit seiner Familie in Wald und in Segnas.
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Der Fünf Minuten-Podcast «Mitten im Leben» von Nicolas Lindt ist als App erhältlich und auch zu finden auf Spotify, iTunes und Audible. Sie enthält über 400 Beiträge – und von Montag bis Freitag kommt täglich eine neue Folge hinzu.
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Transkript anzeigen
00:00:14: Christa Herzlich willkommen zum neuen Terra Nova Podcast.
00:00:17: Christa Und diesmal bin ich im Gespräch mit Nikolas Lindt, und zwar über sein neues Buch Orwells Einsamkeit.
00:00:26: Christa Ja, richtig.
00:00:27: Christa Es ist die Rede von George Orwell, dem Autor des Romans 1904 und achtzigste.
00:00:34: Christa In unserem Gespräch geht es um die Einsamkeit des Schriftstellers, wie viel ein Roman über seinen Autor aussagt, darüber, was heute die Aufgabe eines Schriftstellers ist und wo Corona auch etwas Gutes bewirkt hat.
00:00:50: Christa Nicolas Lindh ist Autor unter anderem vom Zeitpunkt sowie vieler kleiner und großer Geschichten über das Leben, die Liebe und die Welt.
00:01:02: Christa Gute Inspiration.
00:01:18: Christa Ich begrüße ganz herzlich Nicolas Lindt.
00:01:21: Christa Du hast gerade ein neues Buch herausgebracht, Orwells Einsamkeit.
00:01:26: Christa Darüber möchten wir heute sprechen.
00:01:28: Christa Aber ich möchte dir erstmal auch zu deinem Gesamtwerk danken.
00:01:30: Christa Ich lese im Zeitpunkt natürlich und auch sonst inzwischen sehr gerne deine Texte, wo es immer um viele aktuelle Themen geht, was gerade so dir auffällt in der Welt, würde ich mal sagen.
00:01:43: Christa Und schreibst eine ganz große Auseinandersetzung über dein Leben , wo du deinen Werdegang als, naja, würde ich mal sagen, als linker, rebellischer Journalist zu einem sehr herzverbundenen Menschen beschreibst.
00:02:02: Christa Und ich glaube, damit schreibst du einigen Leuten aus der Seele, aber du provozierst auch viele Leute damit, weil das natürlich anecken kann bei einigen und davor hast du keine Angst.
00:02:14: Christa Und da habe ich im Buch eine passende Stelle gefunden.
00:02:17: Christa Schreib immer genau das, was du denkst.
00:02:19: Christa Lass dich nicht beirren.
00:02:22: Christa Ja, das ist dir gesagt worden, als du auf den Spuren von George Orwell auf die schottische Insel Jura gefahren bist und dort mit Menschen ins Gespräch kamst.
00:02:34: Christa Ja, darüber möchte ich gerne sprechen.
00:02:36: Christa Das war richtig spannend, deine Beschreibung deiner eigenen Reise und die Parallele auch zu orwell, wie er an diesem Buch, was wir alle kennen, wie er in diesem Buch geschrieben hat auf der Insel Jura, in einer unglaublich schwierigen persönlichen Situation und sehr, sehr spannend zu lesen.
00:03:00: Christa Und da habe ich natürlich die Frage, Nicolas, was verbindet dich mit George Orwell?
00:03:05: Christa Wie kommst du auf George Owell?
00:03:08: Nicolas Ja, ich bin ja schon ein paar Jahre auf dieser Welt und schon mit ganz jungen Jahren habe ich dieses Buch entdeckt, 1984.
00:03:17: Nicolas Habe es, glaube ich, schon mit 14 oder 15 das erste Mal gelesen.
00:03:21: Nicolas Damals noch nicht so bewusst, aber mir wurde schon klar, das ist ein ganz außergewöhnliches Buch.
00:03:27: Nicolas Und das Buch weist natürlich im Titel auf das Jahr 1984 hin.
00:03:32: Nicolas Und ich bin lange vor diesem symbolhaften Jahr bin ich auf orwell gestoßen.
00:03:39: Nicolas Aber je näher dann das tatsächliche Jahr 1984 kam, desto mehr habe ich mich mit diesem Orwell auseinandersetzen wollen.
00:03:48: Nicolas Ich wollte wissen, wie kommt er darauf, genau dieses Jahr 1984 in den Fokus seines Romans zu nehmen?
00:03:56: Nicolas Was soll denn geschehen im Jahr 1984?
00:03:59: Nicolas Und vor allem, wird es wirklich so herauskommen im Jahr 1984, wie er es in seinem Buch geschrieben hat?
00:04:07: Nicolas Und geschrieben hat er es eigentlich dreissig Jahre vorher oder noch länger, Ende der er Jahre nach dem zweiten Weltkrieg, also lange, lange bevor diese ganze moderne Entwicklung in der Nachkriegszeit eingesetzt hat, hat er vorausgesehen, was 1984 geschehen könnte.
00:04:28: Nicolas Und deshalb haben natürlich auch viele, viele andere Menschen, die das Buch gelesen haben, diesem Jahr entgegen gefiebert, auch ein bisschen mit einem mulmigen Gefühl.
00:04:40: Nicolas Man wusste nicht recht, was wird tatsächlich eintreffen.
00:04:43: Nicolas Und viel von dem, was in diesem Roman beschrieben wird, nämlich diese unglaublich extreme Diktatur, wo die Regierung, der Big Brother sogar in die Gedanken der Menschen hineinschauen kann, wo überall Videomonitoren aufgehängt sind und kein Mensch irgendwo noch eine Privatsphäre hat, das alles hat dann doch ein bisschen schon in der Realität begonnen.
00:05:10: Nicolas Also man hat schon in den er Jahren, anfangs der er Jahre gemerkt, da kommt etwas auf uns zu, was mindestens im Entfernten mit diesem Buch bereits zu tun hat.
00:05:23: Nicolas Also so rein Fantasie, so reine Fantasie war dieses Buch nicht, sondern der hat etwas vorausgesehen.
00:05:32: Christa Du bist ja ausgerechnet auch im Jahr 1984 dahin gereist.
00:05:37: Nicolas Ja, ich habe dann, als das Jahr wirklich da war und ich mich schon in den ein, zwei Jahre vorher mit Orwell sehr viel näher und sehr viel genauer befasst habe, habe ich beschlossen, jetzt gehe ich genau in diesem Jahr.
00:05:49: Nicolas War vielleicht auch Zufall, weil ich gerade an dem Punkt war meines Lebens.
00:05:53: Nicolas Jetzt gehe ich auf diese Insel, wo er das Buch geschrieben hat, weil er hat es auf einer schottischen Insel geschrieben, das ganze Buch 1984, auf der Isle of Jura, die liegt außerhalb der Isle of Eyley, also wirklich im nördlicheren Teil von Schottland bereits.
00:06:10: Nicolas Und dahin hat er sich zurückgezogen in diesen Jahren nach dem zweiten Weltkrieg.
00:06:17: Nicolas Zunächst ohne die Absicht, genau dieses Buch zu schreiben, aber je länger, je mehr wusste er dann, als er da oben angekommen ist, dieses Buch muss ich schreiben, diese Geschichte muss ich niederschreiben.
00:06:31: Nicolas Gleichzeitig war er aber bereits sehr krank und darauf können wir vielleicht dann noch zu sprechen kommen.
00:06:38: Christa Ja, dieses Buch ist ja unglaublich in seiner Hoffnungslosigkeit.
00:06:43: Christa Man denkt sich ja, wie kann ein Mensch so etwas schreiben, wo er uns überhaupt keine Hoffnung lässt?
00:06:48: Christa Du schreibst es ja auch selber.
00:06:50: Christa Ganz am Ende bist du ja wie im Dialog mit ihm, das letzte bisschen Hoffnung nehmen.
00:06:57: Christa Und glaubst du, das hat mit seiner Einsamkeit zu tun, dass er etwas von sich selber projiziert hat?
00:07:04: Nicolas Ich habe immer wieder die Feststellung gemacht, wenn ich Bücher von Autoren gelesen habe, dass diese Bücher sehr viel autobiografischer sind, als es die Autoren selbst zugeben würden.
00:07:16: Nicolas Also ich würde sogar etwas plakativ Alle Bücher sind eigentlich autobiografische Bücher, alle Romane, alle, die ganze Belletristik.
00:07:26: Nicolas Auch wenn die Autoren steif und fest behaupten, dass da ja alles frei erfunden habe, nichts mit ihnen zu tun, aber es hat eben doch mit ihnen zu tun.
00:07:34: Nicolas Und im Fall von Orwell bin ich genau dieser Frage nach nachgegangen.
00:07:38: Nicolas Wie sehr hat dieses Buch, der Inhalt des Buches 1984 mit seinem Leben zu tun?
00:07:44: Nicolas Und je näher ich natürlich mich mit ihm auseinandergesetzt habe, desto mehr wurde mir klar, das liegt ganz nahe beieinander.
00:07:52: Nicolas Dieses Leben, diese Krankheit, die ihn wirklich im Griff hatte, immer mehr, die ihn niedergedrückt hat und die Hoffnungslosigkeit des Buches.
00:08:01: Nicolas Denn er hat immer mehr, hat er für sich selber angesehen, dass sein Leben keine Zukunft haben wird.
00:08:07: Nicolas Er war verheiratet bis wenige Jahre nach dem Krieg mit Aileen, dann ist sie an einer Krankheit gestorben, dann war er allein und dann hat er sich, als er nach Jura reiste, als er sich da zurückziehen wollte, hat er eine neue Partnerin gesucht.
00:08:24: Nicolas Und er hat, das habe ich im Buch auch erwähnt, hat dann in einem Brief, den er an eine Frau schrieb, in die er sich möglicherweise bereits verliebt hatte, schrieb er, ich hoffe, du könntest damit leben, die Witwe eines Schriftstellers zu werden.
00:08:39: Nicolas Also er hat eigentlich bereits vorausgesehen, ich werde sterben.
00:08:42: Nicolas Und wenn eine Frau mit mir zusammen sein möchte, dann muss sie sich bewusst sein, sie wird nachher allein dastehen.
00:08:49: Nicolas Und diese Aussicht, in wenigen Jahren zu sterben, um gleichzeitig ein solches Buch zu schreiben, das liegt auf der Hand.
00:08:59: Nicolas Das hat einen Zusammenhang.
00:09:01: Christa Jetzt muss ich natürlich die Frage stellen, du bist ja auch Schriftsteller und gehst du auch in die Einsamkeit, wenn du schreibst?
00:09:11: Nicolas Ja, schon.
00:09:11: Nicolas Wobei je länger, je mehr wird natürlich die Schriftstellerei, je länger man in dieser Tätigkeit drin ist, zu etwas alltäglichem.
00:09:21: Nicolas Also man schreibt, wo man eben gerade ist.
00:09:24: Nicolas Und ich habe auch eine Familie und ich habe natürlich immer auch mit diesem ganzen Kompromiss leben und schreiben müssen und auch wollen oder der zu einer Familie gehört, dass man nicht einfach vor sich unendlich Freiheit hat, dann zu schreiben, wann man gerade möchte, da zu schreiben, wo man gerade möchte, sondern man schreibt, wo es eben gerade geht.
00:09:46: Nicolas Und das habe ich mir im Laufe der Jahre, hat mich das natürlich auch sehr geprägt.
00:09:50: Nicolas Ja, ich musste immer schauen, wo komme ich zum Schreiben und wo finde ich Zeit, mich ein bisschen zu entfalten, mich auszubreiten in meiner Kreativität.
00:10:02: Nicolas Und deshalb muss es für mich nicht die einsame Insel sein.
00:10:05: Nicolas Also ich müsste jetzt nicht auf eine einsame schottische Insel, um dort mein Lebenswerk schreiben zu können, sondern ich kann schreiben, wo ein PC steht.
00:10:14: Nicolas Heute nicht, da war es noch die Schreibmaschine, jetzt ist es natürlich inzwischen schon lange der Laptop.
00:10:23: Christa Was glaubst du, was ist denn, wenn du eben gesagt hast, jeder Roman ist auch autobiografisch, was hat denn ein Schriftsteller heute für eine Funktion in der Gesellschaft?
00:10:32: Christa Was würdest du da sagen?
00:10:35: Nicolas Ja, ich habe auch in meinem Buch darüber geschrieben, ich muss vielleicht danach ausholen, dass der Teil, wo ich über Orwell schreibe, über seinen Roman, über diesen Lebenskampf, den er am Ende noch geführt hat mit diesem Buch und mit seiner Krankheit, das ist der erste Teil meines Buches.
00:10:51: Nicolas Und dann zeige ich, wie ich inspiriert eben ganz stark auch von Orwells eigener Biografie meinen Weg gefunden habe, meinen weltanschaulichen Weg von einem sehr extremen linken, von einem Maoisten zu einem, wie du es vorher sehr schön gesagt hast, zu einem Menschen, der vielleicht mehr im Herzdenken zu Hause sein möchte.
00:11:13: Nicolas Und in diesem Zusammenhang sind viele Texte in diesem Buch, befassen sich mit allen möglichen Themen jener Zeit, als ich diese Wandlung durchgemacht habe, immer auch inspiriert eben von Orwell, Themen, die ich dann auf meine Art beleuchtet habe.
00:11:31: Nicolas Einer dieser Texte behandelt die Situation der modernen Autoren, der Schriftsteller, also der modernen Literatur.
00:11:39: Nicolas Und ich habe damals schon in den er Jahren, war es mir einfach unangenehm zumute, wenn ich mir so ein bisschen angesehen habe, was diese modernen Autoren, auch die ganz berühmten, und was die alle schreiben.
00:11:53: Nicolas Und ich habe einfach gemerkt, die kotzen sich einfach aus .
00:11:58: Nicolas Und das war vielleicht in der er Zeit auch bis zu einem gewissen Grade notwendig, um diese ganze Verlogenheit der Nachkriegsgeneration schaffe schaffe Häusle bauen, nur noch ans materielle Denken zu durchbrechen und diese ganzen Institutionen zu befreien von ihrer Verkrustung und so weiter.
00:12:16: Nicolas Da war es auch nötig, einfach mal ganz, ganz dreckig zu schreiben und halt wirklich das Leben so darzustellen, wie es ist und so hart, wie es ist und so aussichtslos, wie es manchmal ist.
00:12:28: Nicolas Aber ich habe für mich so, das kann doch nicht auf die Dauer die Aufgabe eines Schriftstellers sein, sondern ein Schriftsteller, und da bin ich natürlich dann zurückgegangen zu den Dichtern der früheren Jahrhunderte, hat doch eigentlich die ewige Aufgabe, den Menschen zu erbauen.
00:12:46: Nicolas Das ist natürlich jetzt ein ganz altmodisches Wort, die Erbaulichkeit, aber es hat damit zu tun, es hat mit aufbauen zu tun, mit Kraftgeben hat es zu tun.
00:12:56: Nicolas Und darin sehe ich eigentlich die Aufgabe des Schriftstellers, und zwar unabhängig von der Zeit, in der er schreibt.
00:13:03: Nicolas Er hat von mir aus gesehen, hätte er die innere Pflicht, möchte ich mal sagen, keine moralische Pflicht, aber die innere Pflicht, den Menschen, die seine Bücher lesen, Kraft zu geben.
00:13:15: Nicolas Und das war immer auch mein Wunsch, dass ich mit meinen Büchern, mit meinen Geschichten, mit meinen Texten etwas ausstrahle.
00:13:23: Nicolas Ja, dass es den Menschen Energie gibt, dass ihnen Lebensfreude gibt, dass es ihnen Hoffnung gibt, ohne ins Kitschige zu verfallen, ohne ein kitschiges Happy End immer aufzusetzen.
00:13:33: Nicolas Das natürlich nicht, aber doch immer eigentlich den Menschen in seinem Herzen anzusprechen und nicht nur in seinem Kopf.
00:13:42: Nicolas Und sehr viel von der modernen Literatur, auch heute noch, aber auch damals schon nach den er Zeiten, war eine ausgeprägte Kopfliteratur, schon sehr souverän geschrieben, aber so von der inhaltlichen Haltung, von der Aussage her sehr stark vom Intellekt her geprägt.
00:14:02: Nicolas Und darin sehe ich nicht die Aufgabe des Schriftstellers.
00:14:06: Nicolas Ist ja auch interessant, vielleicht das noch zum Schluss dieser Antwort, wie sich der Name des Schriftstellers geändert hat.
00:14:13: Nicolas Also früher mal war der Schriftsteller der Dichter.
00:14:16: Nicolas Also er hat die Wahrheit verdichtet im Wort.
00:14:19: Nicolas Der Dichter hat ja mit verdichten zu tun.
00:14:22: Nicolas Dann wurde aus dem Dichter im 20.
00:14:24: Nicolas Jahrhundert der Schriftsteller .
00:14:26: Nicolas Und heute reden wir meistens nur noch von den Autoren.
00:14:29: Nicolas Also es wird eigentlich immer abstrakter, der Dichter.
00:14:32: Nicolas Das war noch fühlbar, was die Aufgabe des Dichters sein könnte.
00:14:37: Nicolas Es ist doch das Poetische drin irgendwo.
00:14:40: Nicolas Es werden ja auch heute keine Gedichte mehr geschrieben.
00:14:42: Nicolas Ich kann das auch nicht.
00:14:44: Nicolas Das ist viel zu schwer, ein Gedicht zu schreiben.
00:14:46: Nicolas Das habe ich immer wieder mal versucht, aber ich merke, da braucht es irgendwie noch etwas mehr als das, was ich selber kann.
00:14:55: Nicolas Aber die Dichter von damals, die konnten so in die Tiefe gehen, dass sie eben gedichtet haben, dass sie dichten konnten.
00:15:03: Nicolas Und deshalb lesen wir ja diese Gedichte heute noch und spüren, was für eine Kraft in diesen Gedichten steckt.
00:15:11: Nicolas Aber wir sind natürlich inzwischen an einem anderen Punkt.
00:15:16: Christa Können wir nicht das Buch 1984 mal neu schreiben, an dem ein neues Ende geben?
00:15:23: Nicolas Ich denke, das müsste man eigentlich versuchen.
00:15:25: Nicolas Doch, also das wäre jetzt richtig eine Herausforderung an einen vielleicht auch jungen Autor oder eine junge Autorin, sich hinzusetzen und diesem Buch einen anderen Schluss zu geben.
00:15:36: Nicolas Der Verleger des Buches, der hat ja in einer Notiz an einen Kollegen erwähnt, nachdem er das Manuskript von George Orwell erhalten hatte, ich werde dieses Buch herausgeben, aber ich werde nie mehr ein so schreckliches Buch herausgeben wollen.
00:15:54: Nicolas Also er war sich der Bedeutung des Buches bewusst, aber gleichzeitig hat auch ihn das Extreme.
00:16:02: Nicolas Ja, er war sehr getroffen von dieser Aussichtslosigkeit, die darin zum Ausdruck und deshalb wäre es tatsächlich eine gute Idee, auch ganz, wie soll ich sagen, ja, als Impuls auch in die heutige Zeit zu sagen, dieses Buch kann auch ein anderes Ende haben, nämlich wie die Welt auch.
00:16:25: Nicolas Oder auch wir müssen jetzt nicht immer mehr in diese Hoffnungslosigkeit hineinsteuern, die ich übrigens, und damit möchte ich noch auf deine Frage von Florin antworten, die ich übrigens selber nicht teile.
00:16:35: Nicolas Also ich bin kein Mensch, der irgendwie sich in die Hoffnungslosigkeit hineinsteuert oder steuern lässt, sondern ich glaube ganz fest daran, dass es gut herauskommt, aber dass wir immer wieder halt durch ganz schwierige Zeiten hindurch müssen, dass wir Hindernisse überwinden müssen, dass wir zu Kreuze kriechen müssen, um dann doch wieder einen Lichtblick zu erkennen und wieder das Licht am Ende des Tunnels zu sehen.
00:17:07: Christa Wenn ich mal selbst überlege, was für mich, welche Bücher für mich eine Bedeutung hatten und mich wirklich weitergebracht haben und was daran das weitergebracht hat, das war natürlich etwas, was mich erbaut hat, was mir Mut gemacht hat.
00:17:20: Christa Aber es gibt natürlich auch etwas, wo jemand wie jetzt Orwell falsche Hoffnungen auch zerstört.
00:17:27: Christa Und darin kann ja auch liegen, ja gut, wenn wir enttäuscht sind, wenn wir uns von einer falschen Hoffnung befreien, dann kann daraus ja auch eine richtige Hoffnung erwachsen.
00:17:39: Christa Also eine Richtung, eine neue Richtung, die wir vorher noch nicht gesehen haben.
00:17:44: Christa Insofern, ja, können für mich auch dunkle oder düstere Schriften auch einen konstruktiven Hintergrund haben.
00:17:55: Nicolas Ich sehe das schon auch.
00:17:56: Nicolas Und ich denke, man muss schon der Welt den Spiegel vorhalten.
00:18:02: Nicolas Also das denke ich schon, mache ich übrigens selber auch anhand von wahren Geschichten.
00:18:07: Nicolas Aber ich erfinde nicht das Böse und das Schlechte und das Niederträchtige, sondern ich beschreibe es anhand von wahren Geschichten.
00:18:15: Nicolas Ich habe ein Buch geschrieben mit Gerichtskolumnen, mit Berichten aus dem Gericht.
00:18:19: Nicolas Und da ist natürlich die ganze Niederträchtigkeit der Menschheit ist da zu erleben.
00:18:24: Nicolas Also das ist für mich auch so, ich sehe das auch so.
00:18:27: Nicolas Man muss die Welt zeigen, wie sie ist.
00:18:30: Nicolas Aber was ist die Moral von der Geschichte?
00:18:33: Nicolas Und da unterscheide ich mich sicher von den meisten modernen Autoren, dass ich da vielleicht auch durch mein spirituelles Interesse einfach nicht, ich kann nicht aufhören und sagen, die Welt ist verdammt und wir haben keine Chance, das könnte ich nicht, sondern es muss immer irgendwie, irgendwie ein kleines Türchen muss am Ende einer Geschichte, am Ende eines Buches geöffnet werden.
00:18:59: Nicolas Das ist mir aber du hast recht, man darf nicht schön färben.
00:19:04: Nicolas Und natürlich in Diktaturen, das ist ganz wichtig, haben natürlich Schriftsteller dann teilweise oder vorübergehend temporär die Aufgabe, ganz knallhart aufzudecken, was in dieser Diktatur eben schlimm ist und was da falsch läuft und wie man zurückkehren kann zu einer freien Gesellschaft.
00:19:21: Nicolas Also da hat der Schriftsteller dann die Aufgabe eines Kämpfenden, eines Kämpfenden für die Freiheit.
00:19:28: Nicolas Wenn er das nicht tut, dann, ja, warum schreibt er dann überhaupt?
00:19:33: Nicolas Weil Schriftsteller müssen ja eigentlich eine geistige Freiheit haben können, um zu schreiben.
00:19:39: Nicolas Und diese geistige Freiheit, für die müssen sie kämpfen und besonders in einer Diktatur.
00:19:45: Christa Doris Lessing hat mal gesagt, also sie hat ein Buch geschrieben, das heißt mit leiser persönlicher Stimme.
00:19:51: Christa Allein dieser Titel, wo sie gesagt hat, das ist die Aufgabe des Schriftstellers, weil jeder Roman ist eine, ist dieser Beitrag einer leisen persönlichen Stimme.
00:20:01: Christa Und man kann argumentativ gegen Romane nicht angehen, weil diese leise Stimme dadurch kommt.
00:20:09: Christa Und wenn ich deine Texte lese, auch ein Buch von dir gelesen über die Liebe mit vielen Geschichten drin und jede Woche deine Kolumne für den Zeitpunkt, da habe ich immer das Gefühl, was daran gleich ist.
00:20:23: Christa Du beschreibst immer verschiedene Dinge und du versuchst immer eine Antwort aus dem Herzen darauf zu geben.
00:20:30: Christa Immer eine Antwort, die irgendwo überraschend ist, aber irgendwo aus dem, die eine Orientierung gibt, weil sie eben aus etwas kommt, was wir alle kennen.
00:20:39: Christa Das Herz kennen wir alle, auch wenn wir es zugemacht haben, wir kennen es ja trotzdem noch.
00:20:43: Christa Und so bin ich auch sehr gespannt, den Rest deines Buches noch kennenzulernen und wo du noch deinen Weg dann beschreibst vom dogmatischen Linken zum ganzheitlicheren Schrittsteller und zum spirituellen Schriftsteller auch, hast du eben gesagt.
00:21:02: Christa Was heißt das für dich, spirituell zu sein?
00:21:06: Nicolas Ja, ich habe natürlich, als ich mich von der Linken abgewandt habe, weil ich einfach für mich erkannt habe, das ist mir alles viel zu dogmatisch und viel zu einseitig und viel zu sehr schwarz weiß.
00:21:17: Nicolas Wir sind die Guten, die anderen, die haben es eben noch nicht ganz begriffen oder sind sowieso die Bösen und die Schlechten sind auf der falschen Seite.
00:21:24: Nicolas Das konnte ich nicht mehr mitmachen.
00:21:26: Nicolas Ich habe ja dann noch die schweizer Wochenzeitung, diese linke Wochenzeitung mitbegründet, aber habe schon da immer mehr Krach gehabt mit den anderen Redaktorinnen und Redaktoren, weil ich einfach mir immer meine eigene Meinung und meinen eigenen Gedankengang vorbehalten habe.
00:21:43: Nicolas Und das hat dann natürlich irgendwann dazu geführt, dass ich gehen musste.
00:21:46: Nicolas Und dann musste ich überhaupt diese ganze linke Szene in Zürich verlassen, habe dann auch öffentlich darüber geschrieben, warum ich kein Linker mehr bin.
00:21:55: Nicolas Also so hieß dieser Essay, der natürlich dann sehr zu sehr heftigen Reaktionen führte.
00:22:01: Nicolas Die einen haben das unterstützt, andere haben das ganz schlimm gefunden.
00:22:06: Nicolas Und dann habe ich gemerkt, jetzt muss ich keine Flugblätter mehr schreiben, jetzt möchte ich Geschichten schreiben, denn das habe ich schon in der Jugend so gerne gemacht.
00:22:15: Nicolas Und dann habe ich die ersten Geschichten geschrieben, habe zum ersten Mal auch in mich hineingehört.
00:22:20: Nicolas Also nicht mehr nur vom wir gesprochen, wir, die Linken gegen die anderen und so weiter, sondern ich habe von mir selbst gesprochen, ich habe meine eigenen Empfindungen beschrieben.
00:22:31: Nicolas Und so habe ich immer mehr diesen eigenen Weg gefunden, bei dem er, wie gesagt, George Orwell, mit dem ich mich sehr geistesverwandt fühle, dabei geholfen hat.
00:22:40: Nicolas Und diesen eigenen Weg habe ich dann versucht, in allen Themen auszuprobieren.
00:22:45: Nicolas Also was heißt das?
00:22:46: Nicolas Was heißt ein bestimmtes Thema?
00:22:48: Nicolas Wie soll ich darauf persönlich reagieren?
00:22:51: Nicolas Ich habe das dann das persönliche Denken genannt.
00:22:53: Nicolas Also ein Aufsatz in meinem Buch behandelt eigentlich diesen Weg zu einem persönlichen Denken, dass man eigentlich immer versucht, nicht in einer Rolle zu denken.
00:23:03: Nicolas Und wir sind den ganzen Tag, sind wir ja in gesellschaftlichen Rollen drin.
00:23:08: Nicolas Männer, Frauen, Reiche, Arme, Ausländer, Schweizer und so weiter.
00:23:12: Nicolas Also man ist die ganze Zeit irgendwo in einer Funktion drin.
00:23:15: Nicolas Oder der Metzgermeister muss natürlich immer das Fleisch propagieren.
00:23:19: Nicolas Er darf gar nicht anders, weil er ist ja ein Metzgermeister.
00:23:22: Nicolas Und der Vegetarier, der darf natürlich nicht sagen, dass er vielleicht mal ab und zu gerne ein Stück Fleisch isst und so weiter.
00:23:29: Nicolas Also wir müssten uns, das ist so mein Credo, wir müssten versuchen können, dies zu überwinden und immer uns zu fragen, was denke ich persönlich eigentlich, auch wenn ich damit anecke.
00:23:42: Nicolas Und das habe ich dann immer konsequenter versucht.
00:23:45: Nicolas Und das spürst du vielleicht in meinen Texten, in meinen Geschichten, dieser ganz persönliche Zugang.
00:23:51: Nicolas Und dabei hat mir natürlich die Spiritualität sehr geholfen.
00:23:55: Nicolas Also da fand ich eigentlich ein neues Zuhause.
00:23:58: Nicolas Also viele ehemalige linke Weggefährten, die glaubten dann natürlich, ja, wenn er nicht mehr links ist, dann muss er ja rechts sein, Etwas anderes ist ja gar nicht möglich.
00:24:07: Nicolas Und das stimmte für mich aber überhaupt nicht.
00:24:09: Nicolas Ich wollte meinen eigenen Weg gehen.
00:24:11: Nicolas Aber dieser Weg war ein sehr einsamer Weg.
00:24:14: Nicolas Wenn du da zwischen Stühlen und Bänken bist, weltanschaulich, dann bist du allein.
00:24:18: Nicolas Und da habe ich zum Glück dann endlich den Weg in die mehr spirituellen Themen gefunden.
00:24:24: Nicolas Ich habe mich dann zuerst in die Anthroposophie, in der Anthroposophie engagiert und dachte, das ist jetzt meine neue Heimat.
00:24:31: Nicolas Bis ich gemerkt habe, das kann auch wieder ein neues Dogma sein.
00:24:34: Nicolas Also muss ich doch konsequent bei dem bleiben, was ich eigentlich für mich beschlossen habe, nämlich eben persönlich zu denken und mich nicht wieder einer neuen Richtung oder Strömung anzuschließen.
00:24:46: Nicolas Und das versuche ich seither.
00:24:48: Nicolas Und das kommt dann in diesem Buch sehr ausführlich zum Ausdruck, dass ich schreibe über die Zeit, ich schreibe über Christus, ich schreibe über die Hoffnung, ich schreibe über die Schweiz, ich schreibe über die Musik, die Macht der Musik.
00:25:02: Nicolas Die Musik war für mich immer sehr wichtig.
00:25:03: Nicolas Ich bin eigentlich ein verhinderter Musiker.
00:25:07: Nicolas Da habe ich über die Musik geschrieben.
00:25:08: Nicolas Warum hören wir den ganzen Tag eigentlich Musik?
00:25:10: Nicolas Was steckt da eigentlich dahinter?
00:25:12: Nicolas Also ich versuchte immer irgendwie hinter die Dinge zu sehen.
00:25:16: Nicolas Also das, was man ja im Spirituellen eigentlich macht.
00:25:19: Christa Und das war auch ein einsamer Weg, hast du gerade gesagt.
00:25:23: Christa Aber es war eine andere Einsamkeit als bei George Orwell, oder hast du, wie hast du mit, wie bist du mit dieser Einsamkeit dann umgegangen?
00:25:30: Christa Du bist mit der.
00:25:32: Christa Du bist nicht zu einer Schlussfolgerung gekommen, dass die Welt bald aufhören wird.
00:25:37: Nicolas Ja, diese Einsamkeit, die hat mich schon oft sehr betroffen gemacht.
00:25:44: Nicolas Also ich bin nicht gern allein und ich gehöre gern zu einer Szene oder zu einer gesellschaftlichen Gruppe.
00:25:51: Nicolas Aber ich merkte einfach, das geht nicht.
00:25:54: Nicolas Das geht nicht mehr, weil ich immer aneckte, was auch immer ich geschrieben habe.
00:25:59: Nicolas Irgendjemand fand das daneben, weil es eben nicht seiner Gesinnung entsprach.
00:26:06: Nicolas Und was für mich wie eine Erlösung war, war Corona.
00:26:11: Nicolas Das würde ich jetzt erstaunen, aber seit vier Jahren habe ich Menschen gefunden durch diese ganze Bürgerbewegung, die da entstanden ist, die offen sind für das, was ich schreibe und für das, was ich denke.
00:26:26: Nicolas Ÿ.
00:26:26: Nicolas Also es ist für mich ein großartiges Erlebnis immer noch, dass ich ein neues Publikum gefunden habe, nämlich all diese vereinzelten Menschen, die dann in der Corona Zeit zusammengefunden haben, die plötzlich miteinander auf der Straße waren und die immer noch manchmal je nach Thema zusammenfinden.
00:26:46: Nicolas Die Bewegung ist jetzt ein bisschen, hat jetzt sich ein bisschen ermüdet, aber die Themen sind natürlich voll da und werden uns weiter beschäftigen.
00:26:55: Nicolas Und da ist ein Publikum entstanden, von dem ich mich verstanden fühle.
00:26:59: Nicolas So wie auch, wenn du über das sprichst, was ich schreibe, dann fühle ich mich mega verstanden von dir.
00:27:05: Nicolas Und das tut so gut, weil ich habe mich jahrelang eigentlich von niemandem so richtig verstanden gefühlt.
00:27:10: Nicolas Ich dachte immer, das, was ich schreibe, das muss doch bei den Menschen etwas anklingen.
00:27:16: Nicolas Aber viele Leserinnen und Leser waren einfach so in ihrer Rolle drin, in ihrer Weltanschauung, dass sie zu wenig offen waren.
00:27:23: Nicolas Und jetzt spüre ich diese Offenheit wieder.
00:27:26: Christa Ja, das glaube ich.
00:27:27: Christa Das liegt auch daran, glaube ich, dass dieses ganze links Rechts Schema zerbrochen ist seit Corona spätestens.
00:27:35: Christa Und viele Menschen, also auch die vorher noch links waren oder sonst was, haben ihre geistige Heimat dadurch verloren.
00:27:42: Christa Die ganzen Schubladen sind zerbrochen, kannst du sagen.
00:27:44: Nicolas Genau.
00:27:45: Nicolas Und ich kann natürlich viel erzählen, wie das ist, wenn man vorher ganz stark in dieser linken Heimat zu Hause war und dann einen weltanschaulichen Entwicklungsweg beschreitet.
00:27:57: Nicolas Das ist ja nicht das Thema dieses Buches, zu zeigen, wie man sich frei denkt, wie man sich frei kämpft.
00:28:04: Nicolas Geistig meine ich jetzt, oder?
00:28:06: Christa Ja, du hast das Buch vorgestellt, letzten Samstag in einer Veranstaltung.
00:28:12: Christa Ich habe gehört, das war eine sehr gelungene Buch Vernissage, stimmt das?
00:28:16: Nicolas Ja, es waren Leute da, sogar aus Basel, aus St.
00:28:21: Nicolas Gallen, schon ein bisschen weiter her, aber natürlich auch Leute aus meiner nächsten Umgebung.
00:28:26: Nicolas Und ich habe das mit Musik verbunden, diese Vernissage, wie ich überhaupt sehr gerne erzähle und vorlese, wenn ich das mit Musik kombinieren kann.
00:28:35: Nicolas Weil mir ist die Musik wirklich sehr wichtig.
00:28:38: Nicolas Ich höre auch selber sehr viel Musik.
00:28:40: Nicolas Das ist eine Energiequelle, die ich nicht missen möchte.
00:28:45: Nicolas Und das war auch natürlich an dieser Vernissage, hat das die Leute sehr, ich glaube, begeistert.
00:28:50: Nicolas Ja, diese Kombination mit diesen Gitarrenklängen, da auch mit dabei waren.
00:28:57: Christa Das werden wir auch bald in einer Lesung online hören wahrscheinlich, oder?
00:29:01: Nicolas Es wird sicher einige Termine geben.
00:29:03: Nicolas Ich habe das auch jetzt schon gemerkt im Nachgang zu dieser Vernissage, wo ich natürlich immer aus meinen Geschichten und aus meinen Büchern vorlese.
00:29:12: Nicolas Das ist in meinem Podcast, der ja auch immer wieder erwähnt worden ist, im Zeitpunkt, den du auch kennst.
00:29:19: Nicolas Er heißt mitten im Leben und mehrmals wöchentlich erzähle ich, lese ich vor, eine Geschichte, die ich geschrieben habe, etwas Aktuelles, die Zeitpunktkolumne, die lese ich auch vor.
00:29:30: Nicolas Also da bin ich ganz stark präsent.
00:29:33: Nicolas Und das ist für mich auch so eine Möglichkeit, mich auszudrücken und meine Texte zu verbreiten, an die ich vorher gar nie gedacht habe.
00:29:41: Nicolas Und jetzt seit zwei Jahren mache ich das, diesen Podcast, den man einfach sich abonnieren kann oder man kann ihn auf Spotify finden, man kann ihn als App herunterladen und dann kann man sich diese Geschichten anhören.
00:29:53: Nicolas Das ist eben auch ein Teil von mir.
00:29:55: Nicolas Ich bin jetzt vielleicht nicht der Autor, der einen Roman nach dem anderen schreibt.
00:30:01: Nicolas Das liegt mir nicht, sondern ich muss jedes Mal wieder etwas Neues machen.
00:30:06: Nicolas Und das ist sehr gut auch möglich mit kurzen Geschichten, mit kurzen Beobachtungen.
00:30:12: Nicolas Also ich sehe irgendwo etwas und mache mir meine Gedanken eben.
00:30:15: Nicolas Ich mache mir meine Gedanken dazu und versuche dieses Erlebnis, diese Begebenheit dann zu verarbeiten.
00:30:22: Nicolas Und das kann etwas ganz banales sein.
00:30:25: Nicolas Das kann eine Spinne sein, die in der Ecke meines Zimmers in ihrem Netz verharrt und darauf wartet, dass sie etwas, dass sie Nahrung bekommt.
00:30:36: Nicolas Und dann kann ich mir Gedanken machen über diese Spinne.
00:30:39: Nicolas Nur um ein ganz kleines Beispiel zu sagen.
00:30:42: Nicolas Also ich habe gern das, wie soll ich sagen, das Große im Kleinen.
00:30:46: Nicolas Ich beschreibe gern die großen Themen im Kleinen, indem ich ganz stark im Alltag bleibe, im eigenen Erleben, aber eigentlich damit etwas Großes zeigen möchte, etwas weltanschauliches, etwas, das vielleicht auch in 10 Jahren oder 20 Jahren immer noch gelesen werden kann.
00:31:05: Christa Das ist ja auch schon fast Dichtung.
00:31:07: Nicolas Ja, in einer gewissen Weise, ja.
00:31:10: Nicolas Ich lese mir auch die Geschichten immer vor, wenn ich sie schreibe.
00:31:13: Nicolas Also das ist vielleicht auch noch ein wichtiger Punkt.
00:31:16: Nicolas Die Liebe zur Sprache.
00:31:17: Nicolas Also die Sprachmelodie finde ich sehr wenig beachtet von vielen modernen Autoren.
00:31:23: Nicolas Sie achten nicht auf den Rhythmus der Sätze und sie achten nicht darauf, ob es nicht eine Silbe zu viel hat in einem Satz.
00:31:30: Nicolas Und das spürt der Leser.
00:31:32: Nicolas Das merkt der Leser oder die Leserin vielleicht nicht, aber man spürt es eben, wenn ein Satz von seiner Satzmelodie her nicht stimmt, also wenn er nicht klingt.
00:31:42: Nicolas Und deshalb lese ich mir eigentlich jeden Satz, den ich schreibe, lese ich mir laut vor und horche darauf, ob er stimmt.
00:31:50: Nicolas .
00:31:50: Nicolas Und manchmal muss ich dann die Wörter ersetzen, weil das eine Wort hat eine Silbe zu viel, dann muss ich ein anderes Wort suchen, das genau reinpasst.
00:31:58: Nicolas Und nachher merke ich, dass das andere Wort, das ich gesucht habe, eigentlich viel besser sich eignet und viel genauer das trifft, was ich sagen möchte.
00:32:07: Nicolas Also das ist sehr spannend, dieser Schreibprozess, dieses Sucht nach dem richtigen Wort, damit die Satzmelodie am Ende aufgeht.
00:32:16: Nicolas .
00:32:16: Nicolas Und deshalb ist für mich schreiben auch etwas sehr melodiöses eigentlich.
00:32:21: Nicolas Und das vermisse ich manchmal bei anderen Autoren, aber vielleicht bin ich da auch zu müsste ich da noch mehr lesen?
00:32:28: Nicolas Das ist ja auch etwas, was man als Schriftsteller vielleicht zu wenig tut.
00:32:32: Nicolas Man liest zu wenig, weil man ja immer am Schreiben ist.
00:32:38: Christa Danke dir.
00:32:39: Christa Ich möchte am Ende noch mal sagen, dass dir jetzt, wo Weihnachten vor der Tür steht, man natürlich dein Buch besonders gerne und gut bestellen kann.
00:32:48: Christa Der Link ist dann unter dem Podcast Orwells Einsamkeit.
00:32:52: Christa Nicolas, ich danke dir für das Gespräch.
00:32:55: Christa Ich freue mich immer auf die nächsten Kolumnen, die du beim Zeitpunkt schreibst.
00:33:00: Christa Wer mehr über dein Leben erfahren will, kann auch jeden zweiten Sonntag die Chronik lesen, die du auch im Zeitpunkt veröffentlichst, wo du dein ganzes Leben lang ganz viele Kapitel dort aufgefächert hast, wie du von einem zum anderen gekommen bist.
00:33:14: Christa Sehr, sehr faszinierend, detailreich.
00:33:17: Nicolas Dankeschön.
00:33:18: Nicolas Lass du noch etwas sagen.
00:33:19: Nicolas Diese Chronik ist eigentlich wie die müsste man eigentlich vor dem Buch Orwells Einsamkeit lesen, weil diese Chronik zeigt, wie ich als ganz junger Mensch, eigentlich fast noch als Jugendlicher, erstens zum Schreiben gefunden habe und zur Weltanschauung.
00:33:34: Nicolas Also ich habe die Welt entdeckt und deshalb heißt die Chronik auch als ich mich in die Welt verliebte.
00:33:39: Nicolas Und dieses Buch Orbe als Einsamkeit ist eigentlich dann das das nächste Kapitel, als ich dann die Welt entdeckt habe, als ich dann mich in der Welt zurechtgefunden habe und dann auch eben meine Weltanschauung fand.
00:33:53: Nicolas Und dann kommt dieser ganze Prozess, der im Buch Huaweis Einsamkeit beschrieben ist.
00:33:58: Nicolas Also das Buch, die Serie, die du gerade erwähnt hast, die steht eigentlich ganz am Anfang.
00:34:03: Nicolas Da habe ich wirklich meine ersten Fühler ausgestreckt in diese wunderbare Welt, die manchmal so schrecklich ist, aber letztlich eben doch ein Wunder ist.
00:34:12: Nicolas Und jeden Tag von Neuem eigentlich muss ich einfach einsehen, es ist ein solcher Reichtum da und deshalb wird es mir nicht an Stoff fehlen bis ans Ende meines Lebens.
00:34:23: Christa Danke dir.
00:34:24: Christa Ich wünsche dir alles Gute und wünsche auch viel Erfolg für das Buch.
00:34:28: Nicolas Vielen Dank für dieses Gespräch, Christa.
00:34:30: Nicolas Vielen Dank.
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